SEX GEGEN DEN TOD – Eilert Bartels im Interview (Folge 19)

In dieser Podcastfolge spreche ich mit meinem geschätzten Freund und Kollegen Eilert Bartels. Eilert ist Paar- und Sexualtherapeut in Berlin und forscht unter der Überschrift MÄNNER UND FRAUEN – WIR SIND MENSCHEN leidenschaftlich zu der Beschaffenheit und Wirkung von Geschlechterrollen und wie wir sie zu Gunsten eines Fächers der Ganzheitlichkeit in uns Menschen verabschieden können, um Misstrauen, Scham und Schuldgefühle für unser sexuelles Sein aufzulösen. Mit seinen Thesen ist er ein mutiger Vordenker unserer Zeit. Ich bin glücklich, ihn dir hier vorstellen zu können!

Das Interview dauert etwa 1h26min.

(Falls hier kein Player eingeblendet ist, kann der Podcast auch bei Podigee, Apple Podcasts, Google Podcasts und diversen anderen Plattformen gehört werden. Einfach nach LebensLiebesLust suchen ;-))

Wenn dir die Folge gefällt, kommentier sie gern auf meiner Webseite, schau dich bei Eilert um und halt die Augen offen – wir bereiten ein gemeinsames Angebot vor.

Hier findest du die Website von Eilert Bartels

Männliche und weibliche Erregungskurven: Plädoyer für eine sexuelle Selbstbestimmung jenseits von Scham und Rollenklischee

huMANNoid: Männer sind Menschen

Gemafreie Musik: Endless Love von Frametraxx

7 Kommentare
  1. Doro sagte:

    Wie spannend Euer Interview ist, danke fürs Veröffentlichen Eures Gesprächs. Letztlich scheint es um Machtmissbrauch zu gehen, Männer, die ihre Frauen klein halten, Mütter, die ihren Söhnen ein schlechtes Gewissen bezüglich ihres Geschlechts vermitteln, Mütter, die ihren Partnern die Kinder entziehen, Väter, die sich entziehen, Frauen, die Rachegedanken hegen für vergangene Ungerechtigkeit. Wie verletzt wir alle sein können und dataus entsprechend aggressiv miteinander umgehen. Ich als Frau mit sexuellen Missbrauchserfahrungen und gleichzeitig Mutter von zwei Söhnen habe schon oft diesen Spagat erlebt. Ich kenne heftige männliche Energie, habe sie am eigenen Körper erfahren, sehe aber gleichzeitig meine Jungs in ihrer Unschuldigkeit, sehe an ihnen, dass Männer nicht per Definition potentiell Täter sein müssen, sehe, dass ich diese meine Unschuldsvermutung zunächst einmal jedem Menschen gegenüber einnehmen sollte und spüre aber in meinem Körper anderes…. geprägt sein von Misstrauen. Ob das genetisch fixiert ist in unseren Körpern? Ich sehe, dass auch Ihr von „den Frauen“ und „den Männern“ sprecht, und Frage mich, ob es da nicht schon anfängt. Natürlich lassen sich biologische Unterschiede nicht leugnen. Und doch sehe ich eine riesige Chance für die Zukunft in der zunehmenden Vielfalt der Geschlechter. Ich feiere in diesem Zusammenhang alles, was queer ist und sich nicht einordnen lässt. Was für eine Chance.

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    • Christina Sogl sagte:

      Liebe Doro, danke für deine Gedanken zu dem Interview! Tatsächlich finde ich es schwierig, in einer so komplexen Thematik alles gleichzeitig sprachlich zu erfassen. Ich bin ganz bei dir, dass ich unter der Ebene komplementärer und unterschiedlicher Sozialisation gemeinsames menschliches Erleben stattfindet, das gar nicht mehr geschlechtsspezifisch ist. Wenn ich von Männern und Frauen spreche, dann meine ich tatsächlich diese Facetten von Sozialisation, die gleichzeitig beide in einem jeweiligen Menschen vorhanden sind. Die verschiedenen Wesen mit weniger eindeutiger Geschlechtsidentität oder sexueller Orientierung sind einfach Wegweiser in Richtung MENSCHLICHKEIT, weil es gar nicht mehr so einfach geht, geschlechtlich zu spezifizieren. Abgesehen davon ist es eins meiner Ziele, von diesen Zuordnungen wegzukommen – ich empfinde es dafür aber wichtig und hilfreich, unsere unterschiedliche Sozialisation ins Auge zu fassen, um umso besser durch sie hindurch auf den Grund des Menschseins tauchen zu können.

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    • Eilert Bartels sagte:

      Liebe Doro,
      auch von mir ein herzliches Danke für Deine Gedanken dazu. Ja, das ist alles sehr verflochten und verwoben: Machtmissbrauch, Rachegedanken, usw. Und so vieles davon geschah und geschieht im Spektrum des Unbewussten. Umso mehr freue ich mich, wenn ich lese, wie Du Deine Söhne in ihrer angeborenen Unschuldigkeit sehen kannst. Denn die haben sie ganz sicher.
      Ich sehe es als die Aufgabe unserer Generation, der Elterngeneration an, uns diese Schatten bewusst zu machen, die uns in den Zellen sitzen, weil sie so lange von Generation zu Generation weitergereicht wurden.
      Ja, und das zeigt sich vielleicht auch in unserem Gespräch, wenn wir von „den Männern“ und „den Frauen“ sprechen. Es sind die Verallgemeinerungen, die wir wohl selbst dann noch brauchen, um nach und nach aus diesen Schubladen heraus krabbeln zu können. Das ist manchmal ambivalent und widersprüchlich, das finde ich auch.
      Da sind mir Menschen aus dem queeren Spektrum oft wertvolle Impulsgeber, allzu Eingefahrenes weiter zu hinterfragen. Manchmal bin ich aber auch überrascht, wie sehr auch diese Menschen selbst trotz allem in ihren Schubladen denken. Ich glaube, wir können noch sooo viel miteinander entdecken und von einander lernen, wenn wir einander mit zugewandter Offenheit zuhören und erzählen.

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  2. Doro sagte:

    Und: Danke für diese überaus spannende These, Eilert, wie es zur sexuellen Unterdrückung kommen konnte. Das hast Du sehr schlüssig erklärt, ich kann dem total folgen. Und als ich das an mich ran ließ, hat es mich total umgehauen. Mir ist bisher nur die Vermutung bekannt gewesen, dass dieses gesamte System der Gewalt aufgrund einer Umweltkatastrophe entstanden sein könnte. Mit der Hypothese, dass eine Dürre ein hungerndes Volk dazu brachte, seine Nachbarn zu überfallen und auszurauben, zu unterwerfen, die starken Männer zu töten und alle übrigen zu unterwerfen. Wahrscheinlich gibt es einfach mehrere Geschehnisse, alle gleich bedrückend und grauenvoll. Es wird Zeit, das zu überwinden.
    Danke für Eure Impulse. 

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    • Eilert Bartels sagte:

      Liebe Doro,
      ich bin absolut überzeugt davon, dass es so viele Mosaiksteinchen sind, die wir da zusammentragen können, wenn wir in die Anthropologie und Archäologie usw. blicken. Es wäre sicherlich vermessen, zu behaupten, es gäbe DIE EINE monokausale Erklärung für die Entstehung patriarchaler Kulturen.
      Worüber ich mich immer wieder freue, ist, wenn ich weitere Steinchen finde, und ich sie in ein – jedenfalls mir schlüssig erscheinendes Bild enfügen kann.
      Derzeit interessiert mich gerade der Zeitraum von vor etwa 20 bis 40 Tausend Jahren.
      Jüngst habe ich z.B. erfahren, dass vor ca. 30, 40 Tausend Jahren die Menschen beinahe ausgestorben waren. In ganz Europa hat es damals offenbar maximal nur so um die 1500 menschliche Individuen gegeben, die sich in Abständen von etwa 400 Kilometern auf fünf Kerngebiete verteilt hatten, immer mit Kleingruppenansiedlungen zwischen dieser 400km Distanz. Da in allen Kerngebieten Gegenstände gefunden wurden, die jeweils aus anderen Regionen stammten, scheint es so zu sein, dass damals bereits so etwas wie ein Tauschhandel existiert hat. Das spricht dafür, dass diese Menschengruppen eher miteinander kooperiert als konkurriert haben. Wenn es bei einer extrem geringen Bevölkerungsdichte darum ging, überhaupt zu überleben, war vermutlich zumindest in diesem Zeitraum Kooperation wichtiger als Konkurrenz.
      Zugleich ist es der Zeitraum, in welchem z.B. diese weiblichen Figurinen entstanden sind, die wir als Venus von Willendorf kennen. Ich bin noch dabei, das für mich einzuordnen und zu schauen, ob es zum bisherigen Bild passt, oder ob es das Bild verändert.

      Die von Dir hier aufgeschriebene These finde ich auch interessant, würde allerdings vermuten, dass das bereits in einem Zeitraum gewesen sein könnte, in dem Sesshaftwerdung schon begonnen hatte.
      Es könnte auf jedenfall ein weiteres Mosaiksteinchen sein.

      Aber wichtig ist mir das Ganze vor allem aus einer Perspektive: Dass wir es, wenn wir von Männern und Frauen sprechen, in so vielen Aspekten nicht allein mit Biologie zu tun haben, sondern in sehr großem Maße mit kultureller Überschreibung. Das heißt, mit etwas, was wir selbst zumindest mitgestaltet haben.
      Und das, finde ich, ist die gute Nachricht dabei: Wir haben es – wenigstens ein bisschen – in der Hand, Kultur mitzugestalten. So, dass es Menschen – unabhängig vom Geschlecht, in unserer Kultur künftig besser gehen kann.

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  3. Kamadeva Roger Spiess sagte:

    Ihr bringt ein Thema an dem ich schon länger herumforsche und immer wieder das Gefühl habe ich müsste wieder von vorne mit recherchieren beginnen. Wie greife ich den Menschen? Wie begreife ich Mann und Frau? Was geschah da wirklich, dass wir heute da angelangt sind, wo wir miteinander sind? Eilert bringt da einige wirklich interessante Anstösse die mich zum Denken anregten, danke dafür! Ich spreche zu und mit vielen Menschen auch über dieses Thema und im Wissen ist es klar: Wir wollen alle gleichberechtigt sein, egal welcher Hintergrund. Nur die tieferen unbewussten Konditionierungen wenn nicht schon Prägungen stellen sich uns im Thema Frau/Mann immer wieder in den Weg. Ich nannte diese unbewussten Teile zum Thema bisher ‚das patriarchale Vermächtnis’…. Aber vielleicht ist es auch Zeit, diese Bezeichnung zu ändern. ‚Das gewaltige Vermächtnis der Trennung von Frau und Mann‘ vielleicht. Auf jeden Fall bin ich berührt. Ich arbeite in diesen Themen eher in der Sexualität und staune immer wieder darüber, mit wie wenig Wissen und Kompetenz sich Menschen mit ihrer Sexualität und der des Partners/der Partnerin zufrieden geben… Auch hier geschieht Trennung. Denn in der Sexualität, und da bin ich völlig überzeugt, sind wir alle Menschen gleich. Eine Klientin schrieb mir einmal diese schönen Worte, wohl ganz im Sinne von Eilert: ‚Bevor ich überhaupt Frau sein kann, muss ich zuerst Mensch sein dürfen.‘

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  4. hannelore sagte:

    Was für ein unglaublich wertvolles Gespräch! Ich werde es noch mal hören! Eine Anmerkung möchte ich aber hier lassen: Bei dem Satz Deiner Mutter Eilert, dachte ich sofort, ja das gilt ja für junge Männer genauso. Wenn ich mich erinnere wie mein Sohn anfing sich für Mädchen zu interessieren und manchmal auch mit mir darüber gesprochen hat, was in ihm so vor sich geht, dachte ich oft: was für ein sensibles Terrain. Ich habe mich nicht nur geehrt gefühlt, wenn das passierte, ich war auch vorsichtig mit meinen Antworten.

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