PARALLELWELTEN

Pornos, Prostitution, BDSM, Gewaltfantasien und wie du ihren Schatz heben kannst (Folge 29)

In dieser Podcastfolge spreche ich über das Potential von gesellschaftlich mehr oder weniger dunklen Parallelwelten. Es ist mir ein tiefes Anliegen, sie aus der schamhaften Dunkelheit zu befreien, die Goldadern darin aufzuspüren und den Preis, der oft dafür bezahlt wird, als zusätzlichen Gewinn auf die Haben-Seite zu verschieben. Du lernst unterschiedliche Parallelwelten mit ihren wichtigsten Stolpersteinen kennen und erfährst, wie du den Sprengstoff darin entschärfen kannst und wie du die darin gebundene Lebensenergie in noch mehr Ekstase verwandeln kannst.

Fie Reise dauert ca. 45 Minuten

Ilan Stephani: Lieb und teuer

Robert Stoller: Perversion

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Gemafreie Musik: Endless Love von Frametraxx

6 Kommentare
  1. Doro sagte:

    Liebe Christina!
    Erst einmal danke dafür, dass Du über das Thema Pornografie, Prostitution und Co. sprichst und hier einen Raum schaffst, darüber in Austausch zu kommen.

    Ich habe wirklich lange gebraucht, mich zu sortieren, eine Antwort auf Deine Gedanken in mir zu finden. Und es ist immer noch schwer, aber es ist vieles, was in mir dazu klingt.

    Ich habe mit Partner und auch alleine Dutzende von Pornos gesehen, vor allem aber gelesen und auch selbst geschrieben. Freiwillig und aus eigenem Antrieb.

    Insofern fühlte ich mich -als Frau- zunächst von Dir mit Deinen Worten nicht wirklich gesehen. Ich wurde tatsächlich sogar wütend darüber, als ich Dir zuhörte und Deine Worte so verstand, dass Frauen an Pornos eigentlich pauschal keinen Gefallen finden können.

    Welche Facette kann ich nun beitragen zu dem, was Du berichtest? Was hat der Pornokonsum und das Erschaffen von Pornografie mit mir gemacht?

    Eine Schicht….
    Einige Pornos haben mich inspiriert, ermutigt, weiter, offener und lebendiger gemacht, haben mich mit Themen konfrontiert, die hoch energetisch für mich waren. Türöffner und Weltenzeiger, meine Wangen aufflammen, meine Augen aufleuchten lassen und mich mit meiner Scham spielen lassen.

    Eine andere Schicht…
    Pornos haben mich beschämt. Mich als Frau degradiert. Schauspielende nymphomanische, immer-willige Frauen zusammen mit meinem Partner zu betrachten erzeugt Demütigung, Ekel, Wut und Angst in mir.

    Eine nächste Ebene….
    Pornos haben mich in meinen Suchtstrukturen abgeholt, mich entführt, mich weggetrieben aus der Realität und von mir entfernt. Ich habe mich in ihnen verlaufen, mich völlig verloren. Sie haben mich gierig gemacht nach mehr- in Qualität und Quantität. Tagelang nicht los gelassen und taub gemacht für Ruhe, Zartheit und Tiefe.

    Eine weitere Schicht….
    Pornos haben mich vollkommen überfordert. Schockiert betrachtete ich meine Körperrreaktion auf krasse Szenen, erkannte mich selbst nicht wieder hinsichtlich meiner Abgründe, war fassungslos über meine vermeintlichen Sehnsüchte. War schrecklich alleine damit, selbstgefährdende Wünsche in mir zu wissen und sah dunkelste Anteile in mir.

    Mittlerweile…. möchte ich auf ihr Potential als Spiegel hinweisen. Mich damit auseinander zu setzen, welche Rollen in mir aktiv sind…. Das können Pornos wirklich gut.

    Zum Thema Sexworker möchte ich gern noch einen Gedanken los werden. Ich glaube, es ist unglaublich wertvoll, dass es Menschen gibt, die in diesem Bereich arbeiten. Es gibt Szenarien, da wäre es mir nicht möglich, meinen Partner damit aufzufangen bestimmte Wünsche zu erfüllen, weil es meinem Wesen völlig widersprechen würde. Genauso kann ich mir vorstellen, dass in mir Sehnsüchte bestehen bei denen ich mich lieber in die Hände eines/r Sexworker/in begeben würde, weil ich in eigener völliger Unsicherheit meinem Partner überfordern würde. Natürlich stellt sich die Frage, ob ich diese Sehnsüchte dann ausleben muss, aber…. kann man es nicht auch als heilsame Traumaarbeit verstehen? Wenn ich mit offenen Sinnen in solche Settings gehe? Meiner Überzeugung nach, kann sich da viel lösen und verändern, wenn ich dem nachgehe, vor allem mit der Sicherheit, bei einem Profi zu sein, der weiß, was er da tut, und der nicht überfordert ist mit eventuellen Energien.

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    • Christina Sogl sagte:

      Liebe Doro,
      vor allem anderen ganz vielen Dank für deine so offenen Ergänzungen, den Beitrag deiner ganz persönlichen Erfahrungen! Mir wird deutlich, dass ich vielleicht noch nicht klar genug formuliert habe, was mir wichtig dazu ist – das kann ich dank deiner Anregungen tun.

      Eigentlich bestätigst du das, was ich sagen möchte, mit jeder Schicht:

      Dass diese Parallelwelten eben NICHT nur zu Männern gehören – kollektiv aber bei Frauen nur noch eine Schicht tiefer ins Unbewusste verschoben sind (weil kraftvolle Sexualität von Männern geradezu erwartet UND verpönt, bei Frauen aber IN ERSTER LINIE verpönt und verachtet sind). Wenn es in dir lebendiger war, ist das nichts weiter als eine Ausnahme von der Regel, für die es sicher gute Gründe gibt.

      Pornos demütigen nicht nur Frauen, sondern ebenso Männer, die beide auf bestimmte Facetten von Erleben und Verhalten eingenordet werden und sich so mit allem anderen falsch und beschämt fühlen: vor allem mit Bedürfnissen nach Zartheit, Verletzlichkeit, Verbindung und Tiefe – und das gilt gleichzeitig für Frauen UND Männer. Denn DAS ist in der kollektiven Schublade der Männer verachtet.

      Ekel ist – egal bei wem – ein guter Hinweis darauf, dass eine Identifikation mit etwas Ichfremdem am Werk ist, die unfreiwillig stattfindet. Auch das ist gleichzeitig bei Männern UND Frauen der Fall, denn wir alle sind unfreiwillig mit patriarchalen Erwartungsstrukturen identifiziert und schämen uns: WENN wir ihnen UNFREIWILLIG entsprechen (und uns damit vergewaltigen) und wenn wir ihnen NICHT entsprechen.

      Sexarbeit ist, ebenso wie andere Parallelwelten, ein dankenswertes Regulativ in einer gespaltenen, spaltenden und damit kranken Kultur wie auch AUSDRUCK dieser Kultur – quasi aus ihr geboren. Das KRANKE darin ist in meinen Augen nicht das Geschehen selbst, sondern die Funktion, ein System der Spaltung von Menschen zu stützen und am Laufen zu halten. Mir ist einfach kalt bei der Vorstellung von Intimität als Dienstleistung, wohl wissend, dass das auch in der Hauptwelt, in Partnerschaften, oft so ist – einfach weil WIR ALLE ÜBERALL in dieser Schublade stecken, bevor wir aussteigen. Das macht es aber nicht besser. Gespaltensein tut IMMER weh und nährt Scham.

      Darum plädiere ich für das VERBINDEN dieser gespaltenen Teile IN UNS UND IN UNSEREN BEZIEHUNGEN – indem wir anfangen, nicht nur für die vordergründigen Wünsche (hinter denen erst die WIRKLICHEN Bedürfnisse sicht- und fühlbar werden können), sondern auch über möglichst all die Schichten von Erleben auf beiden Seiten um Worte zu ringen – darüber zu sprechen, uns damit zu zeigen und zu entschämen…- um DADURCH gemeinsam und UNZERSTÜCKELT uns wirklich dort, wo wir lieben, in unseren tiefsten Bedürfnissen erkennen und begegnen zu können.

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  2. Doro sagte:

    Liebe Christina!

    Danke, jetzt ist es mir tatsächlich klarer geworden, jedenfalls ist keine Wut mehr in mir.

    Es gibt hier einfach so so viel zu sagen und zu entdecken. Zunächst ist es glaube ich wirklich wichtig wahrzunehmen, dass es in dieser Sexwelt viel mehr als nur eine Ebene gibt. Alles zusammen zu nehmen, würde dem Thema wirklich unrecht tun.

    Da gibt es diesen Massen-“Rammelsex”, der nur einen Kick nach dem anderen produzieren will, immer spektakulärer und heftiger ist. Dieser ist für Frauen UND Männer extrem beschämend, hier liegt für mich Degradierung der Menschen (ganz eindeutig Männer und Frauen) zu Körperteilen und mechanische Funktionen.

    UND es gibt so viel wertvollere Angebote auf allen Ebenen.

    Besonders hängen geblieben bin ich an Deinem Satz “Mir ist einfach kalt bei der Vorstellung von Intimität als Dienstleistung”. Ich kann Dich da verstehen, gleichzeitig nehme ich es wirklich anders wahr. Ich könnte mir wirklich gut vorstellen, alleine oder zusammen mit meinem Partner diese Dienstleistung in Anspruch zu nehmen, ohne dass es für mich kalt wäre. Das Dafür-Bezahlen und die Distanz, ja, die sind natürlich da. Aber das beides bedeutet doch nicht, dass die Sexworkerin (Männer sind mitgemeint) zwangsläufig nicht mit Liebe und Herz dabei wäre.

    Um mal konkret zu werden: hätte mein Partner einen Schuh-/Fußfetisch, wüsste ich irgendwie nicht wirklich gut damit umzugehen. Ich wäre erstmal echt überfordert (mit meiner Unsicherheit und Scham) – er vielleicht auch, und gemeinsames Sprechen könnte eventuell nicht zu Lösungen führen. In so einer Situation zu einem/r Sexworker/in zu gehen, ist für mich ganz und gar nicht unvorstellbar, sondern wäre ein ziemlich naheliegender Schritt. Und dass diese beratende Begleitung dann angemessen bezahlt würde, würde mein Verständnis von Intimität überhaupt nicht belasten. Eigentlich sogar im Gegenteil,  denn durch den “Energieausgleich” (oft finde ich das Wort störend, aber hier passt es für mich), würde ich mich sicher fühlen, wirklich alle Wünsche äußern zu dürfen. Ich könnte mir das super berührend und intim vorstellen, begleitet zu werden durch meine Ängste/Scham/Unsicherheiten hindurch und meinen Partner in so einem Setting gut aufgehoben und mit seinen Wünschen abgeholt wahrzunehmen.

    Erst, wenn ich dem Irrglauben verfalle und denke, mit dem Geld Ansprüche an dem Menschen oder gar Liebe kaufen zu können, wird es für mich krank und auch kalt.

    Kalt und krank wäre es auch, wenn ich mein komplettes Intimleben auslagern würde, in meiner Partnerschaft diese Rolle spiele des braven (kastrierten?) Mannes oder der (unbefleckten) Madonna, und all mein ICH in die paar Stunden pro Monat quetsche, in denen ich dann ausbreche.

    Ich weiß, dass dies der häufigste Gebrauch von Pornografie und Prostitution ist, aber, und das ist vielleicht das, worauf ich hinaus will, es gibt die Möglichkeit, damit offen und frei umzugehen. Und dann finde ich den Bereich ganz warm und sehr berührend. Grade auch für Frauen.

    Vielleicht ist es einfach das wichtigste, diese Parallelwelten nicht mehr parallel sein zu lassen sondern zu integrieren? Einfach erstmal weiteratmen, wenn sie einem begegnen, bewusst werden, was in mir getriggert wird. Die Menschen dahinter wahrzunehmen, sowohl Anbieter als auch Kundschaft. Glanz, Glamour, Verruchtheit, Plüsch und Bling-Bling zu streichen. Dann wird es persönlich, intim, echt und berührend. Jedenfalls für mich.

    Und ja, es ist absolut ein Thema für jede/n.

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    • Christina Sogl sagte:

      Liebe Doro,
      ich danke dir für dieses wunderbare gemeinsame Abstimmen, Schärfen und Klären und bin so sehr bei dir! Du drückst das aus, was ich meine – und wichtiger als die Kälte ist fast noch meine Traurigkeit.

      Beides fühle ich eigentlich eher, wenn ich mit den Augen all der Männer schaue, die sich mir schon geöffnet haben: Die meisten wollten keine Prostituierte, weil ihr Bedürfnis war, GEWOLLT und GELIEBT zu sein in ihrer Sexualität. Und auch wenn eine Sexworkerin ihre Arbeit gern macht, ist es ein bisschen wie der Unterschied zwischen einer Pädagogin und einer Mutter für ein Kind. Ja, die Pädagogin kann unter Umständen viel feinfühliger und liebevoller als die Mutter sein, aber je liebenswerter und liebender die Mutter, desto mehr sticht sie die Pädagogin. Mit den Augen der Männer geschaut spüre ich also tendenziell die Kälte und Traurigkeit gemessen am TIEFEN INNEREN BEDÜRFNIS.

      Wie du finde ich es eine wunderbare Möglichkeit, im Kontakt mit dem Partner spezifische Dinge in professionelle Hände auszulagern und die Liebe/Verbindung durch die Zustimmung des Partners zu erhalten, statt in einsam abgespaltene Parallelwelten abzutauchen. Dann ist es aber auch keine Parallelwelt mehr, sondern eine abgestimmte Erweiterung des intimen Raums, über die auch weiter Austausch und möglicherweise Veränderung stattfinden kann.

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      • Doro sagte:

        Oh ja. Jetzt habe ich begriffen, was Du meinst, und stimme Dir zu mit der Kälte und Traurigkeit. Und ich glaube auch, dass es die Männer sind, die es offensichtlicher versuchen, die Kälte in Partnerschaften zu überwinden (und hier in der Prostitution nur Strohfeuer finden, die nicht wärmen), und Frauen, die oft behaupten, es würde ihnen gar nichts ausmachen.

        Ich sehe jetzt diese Folge des Podcasts mit ganz neuem Blick, VIELEN Dank für Deine Erklärungen und das Berichten Deiner Erfahrungen. Ehrlich gesagt, sitzt mir grade echt ein Kloß im Hals im langsamen Begreifen über Art und Ausmaß dieses Systems, und große Dankbarkeit für meine Situation.

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        • Christina Sogl sagte:

          Liebe Doro,
          wie schön – ich hatte es von Anfang an geahnt, dass wir innerlich sehr dicht beieinander sind. Nun ist’s vollbracht! :-D Dank uns beiden fürs Dranbleiben…

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