Herzlich willkommen!
Wenn es dich hierher verschlagen hat, dann trägst du wohl schon eine Weile Fragen in dir, die in der psychoanalytischen Gemeinschaft immer noch Stirnrunzeln und skeptische Blicke, wenn nicht gar die Verdächtigung behandlungstechnischer Verfehlung nach sich ziehen? Gut möglich, du hast diese Fragen genau darum bislang für dich behalten – und dennoch sind sie bedeutsam und kommen immer wieder:
- Wie kann ich den früh verletzten und vernachlässigten oder schwer traumatisierten Patienten mit ihren spezifischen Bedürfnissen gerecht werden?
- Wie kann ich auf professionelle Weise deren so oft geäußerte Phantasien oder Wünsche nach körperlich-sinnlichem Kontakt lebendig beantworten, ohne mich im Labyrinth eigener Gefühle und Impulse zu verstricken?
- Wie kann ich den stark rationalisierenden und intellektualisierenden Patienten, die so wenig mit ihren Gefühlen im Kontakt sind, das Fühlen erleichtern – aus dem Niemandsland der körper-seelischen Dissoziation oder dem zähen Machtkampf aussteigen, ihre Abwehr nicht nur verbal deuten und mir genau an dieser Abwehr die Zähne auszubeißen, sondern sie spürbar und leichter zugänglich machen?
- Welche Beziehungserfahrung ist für meine übergriffs- und mangeltraumatisierten Patienten hilfreich, um auf körperlich-sinnlicher Ebene Vertrauen zu entwickeln und korrigierende leib-seelische Kontakterfahrungen zu machen?
- Wie kann ich diese langwierigen und oft zähen Behandlungen für die Patienten und mich erleichtern und verkürzen?
- Wie kann ich selbst mehr Lebendigkeit, Lust, Freude und Leichtigkeit in all der Schwere erleben, die diese Arbeit mit sich bringt?
- Ist das klassische Setting für diese Patienten auf der leib-seelischen Ebene impliziten Beziehungswissens nicht leicht eine Vermeidung der Begegnung mit dem tiefsten Schmerz oder gar eine Retraumatisierung hinsichtlich Unberührbarkeit und Zurückgewiesenwerden?
- Gibt es eine zeitgemäße Art, das psychoanalytische Setting zu öffnen und theoretisch fundiert um die Dimension körperlicher Begegnung und Berührung zu erweitern?
- Wo finde ich kollegialen Austausch, Anregungen, Literatur, Weiterbildung zu diesen Fragen?
Sicher ist das etwas, was mich von den meisten anderen Kollegen unterscheidet: dass ich lange VOR der klassischen psychoanalytischen Ausbildung mit einer Art der Psychoanalyse in Berührung kam und sie tief inhalierte, die mich begeisterte, prägte und alles beeinflusste, was danach kam.
Die körperfundierte Psychoanalyse überwindet die Trennung von Verstehen, Erleben und Tun – von Geist, Seele und Körper – und ist damit zutiefst integrierend und heilsam.
Sie fügt sich sehr viel besser als die klassische Psychoanalyse in mein Bild vom Menschen, von der therapeutischen Beziehung und einer dazu passenden Sprache:
Es widerstrebt mir zutiefst, mich als gesunde Expertin, den Menschen, der zu mir kommt, als KrankeN zu sehen oder die Themen, die er mitbringt, als Pathologie. Vielmehr verstehe ich uns beide als Forschende, die im Gelingen ihrer Arbeit zutiefst aufeinander angewiesen sind, und gemeinsam forschen wir fein abgestimmt nach der aktualisierten inneren Szene und der im Symptom eingefrorenen Lebensbewegung.
Therapie heißt für mich: Zurückfinden in einen Zustand unbefangenen kreativen gemeinsamen Spiels.
In der gemeinsamen Arbeit ist mir eine einfache und natürliche Sprache wichtig, weil ein Gefälle von Macht in meinen Augen in einer auf Verbindung ausgerichteten Beziehung nicht hilfreich ist. Möglich, dass dir das unprofessionell vorkommt, ebenso wie das DU, mit dem ich dich hier anspreche. Ich spreche dich auch gern mit SIE an – das entscheidet in meinen Augen nicht darüber, wie nah wir einander kommen können – das DU habe ich nur gewählt, um möglichst gut eine gemeinsame Ebene zu vermitteln, auf der auch du nicht fürchten musst, beurteilt zu werden, sondern dich entspannen und unbefangen für Neues öffnen kannst.
Im offenen Setting ist es erwünscht, in jedem Moment den eigenen Platz und die Position frei zu wählen und so auch körperlich frei zu assoziieren. Als nicht nur seelisch, sondern auch körperlich berührbares, Halt gebendes und unterstützendes Gegenüber bin ich eine im tiefsten Sinne heilungsförderliche Umgebung, in der freud- und lustvolle Begegnung, Nähe, Abgrenzung und Selbstfürsorge auf Sinnesebene real spürbar, wünschbar, machbar und verinnerlicht werden können. Im Sinne des Zitats von Jean Piaget,
„Wir können nicht denken, was wir nicht erlebt haben“
werden manche Gedanken für unsere Patienten erst so denkbar und spürbar, dass sie auch machbar werden können. So wird ein unmittelbar sinnlich-spürbares Durcharbeiten von Abwehrstrukturen, Nachnähren von frühen Defiziten, eine Entwirrung von kindlichen und erwachsenen Bedürfnissen und unmittelbar mutige Handlungsproben im sicheren Raum möglich.
Im Sinne moderner Bindungs-, Lern- und Entwicklungsmodelle sinnesnahen und kontextgebundenen Lernens ist die körperfundierte Psychoanalyse eine zeitgemäße und hochpotente Möglichkeit, die wunderbare Tiefenschärfe psychoanalytischer Theorie in der Praxis zeitsparend, effektiv und freudvoll zu nutzen.
Wo es für Freud noch absolut sinnvoll war, Berührung zu untersagen, haben wir mittlerweile genug dazugelernt, um mit den Herausforderungen dieser besonders potenten körperlichen Ebene von Neuerfahrung verantwortungsvoll umzugehen und so den großen Gewinn für unsere Patienten sicher und fundiert auszuschöpfen.
Mein hoch geschätzter Kollege Bob Ware, von dem ich zu Lebzeiten so viel gelernt habe, beschrieb es so treffend – ich liebe ihn für diesen Satz:
„Die lege artis Erweiterung des analytischen Settings um die Dimension der physischen Berührung bedeutet weder sexuelle Verführung noch unrechtmäßige Triebbefriedigung, sondern die Möglichkeit des unmittelbaren Ansprechens und Behandelns des Körperselbst des Patienten in seiner tiefsten Bedürftigkeit und Verletzlichkeit.“